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Dienstag, 12. März 2024

Ziegen besser als Mulcher

13 Ziegen haben wochenlang vor dem Autohaus Roth geweidet. Diese erste Etappe des natürlichen Kampfes gegen die Verbuschung einer Ausgleichsfläche endet vorerst. Sie werden wiederkommen.

Von Matthias Heidinger

Achern. Diese Idee ist so sympathisch wie pfiffig: Um eine sensible Ausgleichsfläche an der Infrastrukturstraße vor dem Autohaus Roth zu pflegen, weiden dort seit dem 28. Dezember Ziegen. Sie sorgen dafür, dass dort die ungeliebten Brombeersträuche langsam verschwinden.

Die Tiere haben ihre Arbeit jetzt getan, das Fressbare auf der 4000-Quadratmeter-Fläche ist verspeist. Im Laufe dieser Woche ziehen sie ab. In drei Monaten sollen sie wiederkommen und dann wieder dort leben in ihrem kleinen, mit Stroh ausgelegten Unterstand. Und im Winter schlagen sie dann noch ein drittes Mal in diesem Jahr dort auf.

Die 13 Ziegen gehören Christian Hauser aus Baden-Baden. Der Landschaftsbauer hat insgesamt 40 von ihnen und kennt jede mit Namen, ihre Wesenszüge auch. Valerie zum Beispiel sei sonst sehr lebhaft. Dass sie nun bedröppelt guckt, liege daran, dass sie kurz vor der Geburt eines Zickleins steht, sagt Hauser. Gut 15 Jahre alt können Ziegen werden. Seine Tiere sind robust, haben keinen Winterstall, sagt Hauser. Alle bis auf eine der 13 Acherner Ziegen seien trächtig. Die weiblichen Tiere würden die Herde vergrößern, die männlichen im Winter geschlachtet.

Christian Hauser erklärt, dass die Tiere die Knospen der Brombeerhecken vertilgen. Wenn sie das regelmäßig machen, geht die ungewünschte Pflanze ein, weil keine Photosynthese stattfinde. Die Fläche werde auch nicht nachgepflegt, das würde nur die Wurzeln dazu anregen, neu auszutreiben. Die Idee zum Einsatz der Ziegen hatte Philipp Wetzel vom Autohaus Roth. „Die Fläche gehört zum Teil uns, zum Teil der Stadt. Sie wird nie aussehen wie ein Golfrasen, aber einigermaßen gepflegt soll sie schon sein, wenn man hier ins Industriegebiet fährt.“ Außerdem: Die Ziegen kämen bei Kunden und Angestellten gut an. In der Mittagspause den Tieren zuzusehen, „hat etwas Beruhigendes“, sagt Wetzel.

Christian Hauser zeigt den Trieb der Brombeerhecken, den die Ziegen fressen. Wenn sie das regelmäßig machen, geht die unerwünschte Pflanze ein.

Auf einer Böschung vor dem Autohaus Roth in Achern weiden Ziegen von Christian Hauser aus Baden-Baden und pflegen damit ökologisch die dortige Naturfläche. Die Idee hatte Philipp Wetzel vom Autohaus Roth (links).

Fotos: Christoph Breithaupt

Bestmögliche Lösung

Autohaus-Chef Georg Roth ist froh, dass jetzt die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten gefunden ist – auf Kosten der Firma. Wegen der Pflege dieser Fläche hatte es schon Irritationen gegeben (wir berichteten), jetzt sei ein Einvernehmen mit der Stadt Achern hergestellt. Gegen den Japanischen Knöterich kämpft man ebenfalls gemeinsam. Knöterich-Boden muss als Sondermüll entsorgt werden.

Marcel Friedmann, Umweltbeauftragter der Stadt, bestätigt: „Eine angepasste Beweidung ist meistens die naturnaheste Form der Flächenpflege.“ Beim Mulchen entstehe ein ökologischer Kollateralschaden, da jedes Mal 90 Prozent der Insekten getötet würden. Der Einsatz der Ziegen fördere dagegen die Biodiversität, allein durch deren Hinterlassenschaften, die Insekten anlocken.

Eine Ziegenweide auf einer mit Brombeeren zugewachsenen Wiese kann laut Friedmann die Fläche insektenschonend öffnen, sodass wieder Licht auf den Boden kommt und mehr Pflanzenarten aufblühen. Abgemacht sei, dass die Ziegenherde beim Autohaus nun zwei- bis dreimal jährlich dort aktiv werden soll, mit einem ausreichend großen Zeitraum zwischen den Weidegängen.

In Achern wird laut Friedmann bereits auf tierische Pflegearbeit zurückgegriffen. Hausers Ziegen werden in Achern als nächstes gegenüber des Illenauer Friedhofs Hecken bekämpfen, Schafe weiden in der Nähe davon am Ende des Hornisgrindeweges.

Passanten dürfen die Ziegen unter keinen Umständen füttern. Es sind in anderen Jahren in anderen Kommunen schon Tiere verendet, weil ihnen unwissentlich giftiges Futter verabreicht wurde. Ziegen sterben zum Beispiel, wenn sie ganz gewöhnliche Thuja fressen. Hauser sagt, wer die Füttern-Verboten-Schilder ignoriert, soll auch strafrechtlich belangt werden können. Seinen Tieren seien schon Küchenabfälle gegeben worden, die mit Teppichresten versetzt waren.